Zukunftsfähige Verwaltungsstrukturen
Warum „Zukunftsfähige Verwaltungsstrukturen“ so wichtig sind!
Die hessischen Kommunen sind teilweise hinsichtlich ihrer Einwohnerzahl relativ kleinteilig aufgestellt. Wenngleich die statistische durchschnittliche Einwohnerzahl einer Kommune in Hessen bei rd. 15.000 liegt, so kann nicht verkannt werden, dass in Hessen noch zahlreiche Kommunen mit Einwohnerzahlen von unter 3000 Einwohnern bestehen.
Trotz der niedrigen Einwohnerzahlen und einer daraus resultierenden geringen relativen Finanzkraft müssen diese Kommunen nahezu sämtliche Aufgaben erfüllen, die auch deutlich größere Kommunen erfüllen. Dieses aber stellt die kleinen Kommunen vor besondere, teilweise nur äußert schwer zu bewältigende Herausforderungen.
Daher gilt es für diese Kommunen mit geringer Einwohnerzahl ihre Verwaltungsstruktur so zu organisieren, dass diese die heutigen Anforderungen wie auch die in näherer Zukunft auftretenden Veränderungen erfüllen können.
Es bestehen für kleine Kommunen hierzu zwei grundsätzliche Möglichkeiten:
1. Die Bildung eines Gemeindeverwaltungsverbandes
2. Eine freiwillige Gemeindefusion
Beide Formen dieser engen Zusammenarbeit ermöglichen den Kommunen, im Gegensatz zu den bekannten bereichsweisen Kooperationen, wie z.B. der Zusammenarbeit im Bereich des Finanzwesens oder des Bauhofes, deutlich höhere Synergien durch ein deutliches Mehr an fachlicher Qualitätssteigerung der Arbeitsergebnisse durch eine größere Spezialisierung aufgrund geringerer Arbeitsbreite und größerer Arbeitstiefe der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Verwaltung sowie durch geringeren finanziellen Aufwand für eine Leistungserbringung gegenüber der ursprünglichen Organisation der Leistungserbringung.
Bei der Schaffung eines Gemeindeverwaltungsverbandes oder bei einer freiwilligen Fusion ist eine vollständige Neuorganisation der kooperierenden Verwaltungen notwendig. Beinahe alle Bereiche der Verwaltungen sind im Hinblick auf die veränderte Verwaltungsstruktur neu zu organisieren.
Die wichtigste Voraussetzung ist zunächst der politische Wille, eine zukunftsfähige Verwaltungsstruktur zu schaffen und dazu bisherige Organisationsstrukturen zu verlassen und sich auf neue Wege zu begeben. Dieser Wille muss bei Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern wie bei ehrenamtlichen Politikern in Gemeindevorstand und Gemeindevertretung vorhanden sein.
Daneben ist die Einbeziehung und Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger wie auch die der Verwaltungsmitarbeiterinnen und Verwaltungsmitarbeiter erforderlich, für die durch die Verwaltungsleitung frühzeitig und umfassend intensiv zu werben ist.
Dabei gilt selbstverständlich, dass bei einer Fusion die Anforderungen an eine breite, umfassende Öffentlichkeitsarbeit ungleich höher sind, als bei der Schaffung eines Gemeindeverwaltungsverbandes. Dieses ergibt sich daraus, dass die Fusion bisherige Kommunen zu einer neuen Kommune zusammenführt und somit deutlich stärker in das Lebensumfeld der Bürgerinnen und Bürger eingreift, weil die bisherige Kommune aufgelöst wird, um in der neu geschaffenen, fusionierten Kommune wieder zu entstehen.
Auf dem Weg zu einer zukunftsfähigen Verwaltungsstruktur, ob in Form eines Gemeindeverwaltungsverbandes oder einer freiwilligen Fusion empfehlen wir stets in einem ersten Schritt die Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Diese soll aufzeigen, welche Vor- und Nachteile ein GVV oder eine Fusion bringen würde. Sie ist zunächst wichtige Diskussions- und Entscheidungsgrundlage in den Gemeindevertretungen und Stadtverordnetenversammlungen und deren Gremien. Sie dient aber ebenso als sehr wichtige Diskussionsgrundlage mit der Bürgerschaft.
Die Studie mit zwei Gemeinden zur Untersuchung eines Gemeindeverwaltungsverbandes wird regelmäßig mit einer Festbetragsfinanzierung von 30.000 Euro gefördert. Eine Untersuchung von drei Gemeinden kann mit 40.000 Euro, von mehr als drei Gemeinden mit 50.000 Euro gefördert werden.
Eine Machbarkeitsstudie, die darüber hinaus noch eine freiwillige Fusion mit zwei Gemeinden prüft, wird mit 50.000 Euro gefördert. Wollen drei Gemeinden die Möglichkeit einer Gemeindefusion untersuchen lassen, kann ein Zuschuss von 60.000 Euro gewährt werden, bei mehr als drei Gemeinden erhöht sich die Förderung um weitere 10.000 Euro.
Die Staffelung der Zuschusshöhe berücksichtigt den Mehraufwand des Untersuchenden (z.B. Ermittlung von IST-Daten, Haushalts- und Strukturanalyse, Informationsveranstaltungen), der mit steigender Zahl der beteiligten Kommunen entsteht.
Zusätzlich erhalten Kommunen nach den Beschlussfassungen zur Gründung des Gemeindeverwaltungsverbandes oder auch bei einer freiwilligen Fusion weitere Landesförderungen, die den kooperierenden Kommunen helfen sollen, Anpassungsaufwendungen vorzunehmen.
- Nach Gründung eines Gemeindeverwaltungsverbandes erhalten die beteiligten Kommunen eine Regelförderung von 150.000 Euro für jede der beteiligten Kommunen.
- Bei einer Fusion erhalten die beteiligten Kommunen bzw. die neu entstandene Kommune.
a. einen Zuschuss zur konkreten Umsetzung der Fusion.
Die bisherigen Erfahrungen mit dem Umsetzungsprozess im Falle einer Gemeindefusion haben gezeigt, dass der Prozess sehr schwierig und aufwändig ist, aber inhaltlich auch sehr unterschiedlich durch individuelle Gegebenheiten vor Ort.
Das HMdIS gewährt für die Umstellungskosten wie z.B. Berater- und Personalkosten, IT-Kosten (Umstellung EDV und Fachdaten), Kosten für neue Gebührenkalkulationen, Sachkosten für Ortschilder, Einsatzkleidung u.ä., Kosten für Öffentlichkeitsarbeit sowie für Wahlvorbereitungen im Einzelfall Zuschüsse zu den Aufwendungen.
b. Investitionsförderung für fusionierte Kommunen
Mit der Möglichkeit einer Investitionsförderung für fusionierte Gemeinden soll der neuen Kommune eine Unterstützung gewährt werden, um Maßnahmen zur Stärkung und zum Erhalt der kommunalen Infrastruktur treffen zu können. Angelehnt an die Investitionsförderung bei der Hessenkasse soll ein Fördersatz von 150 - 200 Euro pro Einwohner der fusionierten Kommune gewährt werden, mindestens 750.000 Euro. Zur Bestimmung des konkreten Fördersatzes soll als Kriterium die Finanzkraft der Kommunen oder auch die Besserstellung im Lasten- und Finanzausgleich berücksichtigt werden.
c. Eine betragsmäßig sehr deutliche Entschuldungshilfe, die über das HMdF gewährt wird.
Hierzu regelt § 1 Schutzschirmverordnung.
Voraussetzung für die Ablösung der Investitions- und Liquiditätskredite nach § 2 des Schutzschirmgesetzes ist die Genehmigung der Grenzänderung durch das Regierungspräsidium.
Beträgt die Einwohnerzahl der beteiligten Gemeinden in Summe
· höchstens 7 500, wird eine Entschuldungshilfe von in der Regel 450 Euro je Einwohner,
· mehr als 7 500, wird eine Entschuldungshilfe von in der Regel 350 Euro je Einwohner
gewährt.
Die Entschuldungshilfe soll 46 Prozent der Kernhaushaltsschulden der gemeindlichen Haushalte zum 31. Dezember des zweiten vor dem Wirksamwerden der Grenzänderung liegenden Haushaltsjahres nicht überschreiten.
Mittlerweile gibt es in Hessen insgesamt 11 Kommunen, die an gegründeten Gemeindeverwaltungsverbänden beteiligt sind. Der einwohnerzahlstärkste gegründete Gemeindeverwaltungsverband ist der mit den Städten Lich und Laubach.
Zwei Fusionen sind beschlossen und umgesetzt und dabei sind die Stadt Oberzent und die Gemeinde Wesertal neu entstanden.
Mit der Eingliederung der Gemeinde Bromskirchen in die Gemeinde Allendorf (Eder) zum 1. Januar 2023 ist die dritte Gemeindefusion auf freiwilliger Basis nach der Gebietsreform erfolgt. Der Grenzänderungsvertrag ist im StAnz. 30/2022 S. 874 veröffentlicht.
In weiteren Gruppen von Kommunen werden gegenwärtig Machbarkeitsstudien erstellt oder sind bereits erstellt, die die Möglichkeiten der Fusionen oder auch die Bildung von Gemeindeverwaltungsverbänden untersuchen.
Das Kommunale Beratungszentrum möchte über vielfältige Gespräche – auch vor Ort in den Kommunen – sowie über zentrale Veranstaltungen in Form von Kongressen für Bürgermeister, sowie Gemeindevertreter und Stadtverordnete dazu beitragen, zunächst den Blick der kommunalen Verantwortungsträger auf die Prüfung und auf den Weg zur Zukunftsfähigkeit ihrer Kommunen zu lenken und bietet dann auch die Unterstützung auf dem dann folgenden Weg zu dieser neuen zukunftsfähigen Verwaltungsstruktur an.
Aktuelle Projekte für zukunftsfähige Kommunalstrukturen
Fusions-Projekt Landkreis Kassel
Landkreis Kassel
Fusion der Gemeinden Wahlsburg und Oberweser zur Gemeinde Wesertal
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Pressemeldung
Fallstudien
- Interkommunale Zusammenarbeit - Weser 2019
- Gemeindefusion Oberzent 2015